Vor kurzem wurde ich von den Vereinigten Bühnen Wien, genauer gesagt vom Raimund Theater, zu einer Backstage-Tour inklusive Besuch des derzeit laufenden Musicals „Mozart!“ eingeladen. Was für eine Freude! Die Backstage-Tour war sehr spannend und kann übrigens von jedermann und jederfrau besucht werden!
Das Raimund Theater (1.283 Plätze) gehört seit 1987 gemeinsam mit dem Ronacher Theater und dem Theater an der Wien zu den Vereinigten Bühnen Wien (VBW). Der damalige Intendant war Peter Weck („Mädchenjahre einer Königin“, „Das Traumschiff“).
Geschichte des Raimund Theaters
Das Theater wurde in nur sechs Monaten im Jahr 1893 erbaut und hat heute noch, innen wie außen, seine ursprüngliche Gestalt. Es sollte ein Gegengewicht zur großbürgerlichen „Operettendekadenz“ darstellen, daher wurden nur Sprechstücke gespielt, die auch nicht so gut gebildete Bürger verstehen konnten. Nach 10-16 Jahren wollte das Publikum Operetten. Diesem Wunsch wurde nachgegangen. „Das Dreimäderlhaus“ wurde insgesamt 1.200 Mal aufgeführt. Während der NS-Zeit wurde das hauseigene Ensemble aufgelöst, nur Leute mit Genehmigungen durften spielen. Im April 1945 wurde der Betrieb wieder aufgenommen und die Glanzzeit des Raimund-Theaters hat begonnen: über 30 Jahre lang war es das Operettenhaus Nummer 1 in Wien. Dann kam das Musical. 1992 wurde die erste Eigenproduktion der VBW gespielt: „Freudiana“, die zweite Eigenproduktion war das berühmte Musical „Elisabeth“. Eigenproduktionen werden alle 10-15 Jahre gespielt. „Mozart!“ war das letzte Mal im Jahr 1999 auf der Bühne. Das Stück, das wir heute sehen, wurde selbstverständlich etwas modernisiert.
Backstage im Raimund Theater
Nach der kurzen geschichtlichen Einführung im Zuschauerbereich des Theaters ging es für uns Backstage auf die rechte Bühnenseite. Dort im Gang hat jede Darstellerin und jeder Darsteller einen eigenen Sessel, wo alle Kleider von den Ankleidern vorbereitet werden. Um 19:30, bei Spielbeginn, darf sich hier niemand aufhalten, außer DarstellerInnen, AnkleiderInnen und die Maske. Der schnellste Umzug war beim Musical „Mama Mia“ in nur 20 Sekunden. Das schwerste Kleid ist jenes von Elisabeth: es hat 8 kg gewogen.
Alle Perücken, die für Stücke gebraucht werden, werden selbst geknüpft. Insgesamt sind 45 Leute in der Maske beschäftigt. Das Knüpfen einer Perücke dauert 50 Arbeitsstunden. Mich hat schon immer interessiert, wo die Haare herkommen: „Aus Asien, oder es ist europäisches Mischaar. Aber wie es genau zu uns kommt, weiß ich nicht, da steckt ja eine richtige Mafia dahinter!“, verrät uns eine Beschäftigte. Durch die ständigen Kostüm- und Darstellerwechsel sind alle Angestellten gefordert. Im „Szenarium“ steht genau geschrieben, wer wann wo sein muss, damit das Stück glatt „über die Bühne läuft“.
Übrigens spielen alle Damen mit Perücke, nur die Herren spielen mit ihrem echten Haar.
Die Technik befindet sich ebenfalls rechts neben der Bühne. Wenn etwas passiert, können diese sofort das Stück abbrechen. Dann durften wir endlich auf die Bühne. Wann hat man schon die Gelegenheit, auf einer Theaterbühne zu stehen? Die Bühne ist 700 m2 groß und wirklich eindrucksvoll! Es ist schon toll, einmal auf der Bühne zu stehen und das Theater von der anderen Seite zu sehen.
Danach ging’s für uns in den Keller. Dieser befindet sich 8 m unter der Ebene 0 (= Bühne). Aus Platzmangel liegen dort die Requisiten für den 2. Akt. Dort befinden sich wiederum Techniker und Ankleider, auch weitere Sessel, die wir vom Gang von vorher kennen, befinden sich dort.
Während eines Musicals ist alles live. Auch die Musik! Ein Teil des Orchesters (20 Personen) sitzt im Orchestergraben, die lauten Instrumente (z.b. Schlagzeug oder Pauke) werden von 7 Musikern in einem Studio im Keller gespielt. Der Grund dafür: es wäre viel zu laut, würden sich diese Instrumente ebenfalls im Orchestergraben befinden. Via Kamera können auch die Musiker im Keller den Dirigenten sehen. Falls ihr einmal in einem Musical seid und unten sitzt: Werft einen Blick nach oben hinten – an den Rängen sind drei Kameras installiert, wo der Dirigent zu sehen ist. So verpassen auch die Darsteller keinen Einsatz :)
Die Tour endet im Pausenraum. Die Tour ist sehr spannend und unser Tourführer war sehr gut informiert, weil er früher auch Statist war, wie er uns verraten hat. Er wusste viele Anekdoten zu berichten.
Informationen
Auch für Kinder kann ich die Tour empfehlen, ein Ticket kostet 7 Euro. Hier gibt es weitere Informationen dazu: http://www.vbw.at/index.php/de/backstage_unternehmen
Das Musical „Mozart!“ läuft noch bis 20.03.2016 im Raimund Theater (Wallgasse 18-20). Tickets kosten zwischen 10 und 129 Euro. Stehplätze kosten 5 Euro.
Würde euch eine Backstage-Tour interessieren? Seht ihr euch gerne Musicals an?
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